Hier am Zemminsee, auf dem Grundstück des Tobis-Filmproduzenten Dr. jur. Herbert Engelsing, traf sich der Kern der Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“. Die jüdisch geborene Frau Ingeborg und „Enke“ Engelsing mit ihren zwei noch kleinen Kindern boten dem Kreis um Harro und Libertas Schulze-Boysen auf ihrem Wassergrundstück am nördlichen Spreewald Zeit und Raum, sich von ihren lebensgefährlichen Aktionen gegen das Regime zu erholen.
Verhaftungswelle in Berlin und europaweit
Fast zweihundert Menschen wurden ab September 1942 verhaftet, als ein in Brüssel aufgefangener Funkspruch entschlüsselt wurde und die Gestapo zu den Adressen der führenden Köpfe der „Roten Kapelle“ lenkte – zwei Tage vor Weihnachten begannen die ersten Hinrichtungen von über 100 Männern und Frauen.
In Westdeutschland gelten sie bis in die heutigen Tage als Vaterlandsverräter, die für die Sowjetunion spioniert haben; nicht zuletzt begründete der BND seinen Spitzelanspruch mit der angeblichen Gefährlichkeit der so genannten Roten Kapelle. In der DDR vereinnahmte Erich Mielke die Männer und Frauen der „Roten Kapelle“ zu Propagandazwecken. Das größte Filmprojekt der DEFA, eine 70 mm Produktion wie es sie nur vereinzelt in den USA und der Sowjetunion gegeben hatte, wurde gestartet, „KLK an PTX – Die Rote Kapelle“.
Liebe, Abenteuer, Widerstand
Von der Arbeiterklasse bis zur Boheme: Das Spektrum der „Roten Kapelle“ umfasst vereinzelte, frühe Aktionen gegen das Regime, schon Anfang der dreißiger Jahre mit Briefaktionen an Meinungsbilder, bis hin zu von Beginn an scheiternden Versuchen, Funksprüche an die Sowjetunion zu liefern – in der Hoffnung, den Krieg beenden zu können.
Lesen Sie mehr von Silke Kettelhake über Libertas Schulze-Boysen, eine lebenshungrige, faszinierende Frau in einer unheilvollen Zeit: „Erzähl allen, allen von mir!“: Das schöne kurze Leben der Libertas Schulze-Boysen 1913-1942.